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Kategorie: Berlin, Blog

Erschienen am Donnerstag, 25. Februar 2010

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Social Media als Old-School-Variante

Eine Ode an den alten Weggefährten des Web 1.0, das Forum

Ich weiß ja nicht wie es Euch so geht, aber immer, wenn ich spontan technische Hilfe benötige oder einen Rat zu einem mir eher fremden Thema suche, nutze ich das Internet und Google, um schnell einen Einstieg zu finden.

Internet-Foren als altes und verlebtes Inventar der 90er sind bei komplizierteren, aber schlecht formulierbaren Informationsbedürfnissen, auch heute noch sehr hilfreich. Deswegen auch dieser Artikel…

Bei der Frage „Wer war nochmal das?“  oder „Wo lag nochmal Xyz“ reicht meistens eine einfache Google-Anfrage mit einem entsprechenden Query wie z.B. „Popocatepetl“, was mir den entsprechenden Wikipedia-Artikel liefert. Dort erfahre ich meist mehr als genug für meine allgemeine Neugier, so dass diese schnell gestillt wird.

Anders ist es bei komplexeren Fragen, bei denen mir z.B. Fachbegriffe fehlen, oder bei technischen Problemen, auf die man immer wieder im Alltag mit PC, Handy und seiner Software stößt.

Insbesondere Letzteres in Verbindung mit der Google-Suche lässt einen zunächst im Web-Nirvana stranden, weil Suchbegriffe mit Produkt-/Softwarenamen in erster Linie Websites von Produktvergleichsseiten, Online-Shops und SEO-Spammern liefern.

Houston, wir haben ein Problem

Versehe ich aber die Suchanfragen mit Wörtern wie „Hilfe“,„Problem“ oder formuliere gleich eine Frage im Suchfeld, stoße ich umso schneller auf Threads eines Forums, die mir persönlich aus mehreren Gründen immer wieder weiterhelfen und im Gegensatz zu anderen Seiten als Lesezeichen hinzugefügt werden:

  • Der Dialog bzw. Thread beginnt meistens mit einer Fragestellung oder einem Problem sowie einem Appell zur Hilfe.
  • Es treiben sich dort viele (ok, mitunter selbsternannte) Experten herum, die intensiv Versuchen Hilfe zu leisten.
  • Schon alleine die Information, dass weitere Personen eine ähnliche Fragestellung haben ist hilfreich und manche Fachbegriffe lassen sich für die weitere Recherche nutzen.
  • Der Dialog lässt sich von Anfang bis Ende nachvollziehen, so dass die Entwicklung von Frage/Problem bis zur (hoffentlich) vorhandenen Lösung rekapituliert werden kann.
  • Der Thread wird häufig in einem themenspezifischen Forum gestellt, so dass weitere Threads zu anderen oder ähnlichen/identischen Fragen relevant sein können.
  • Falls man keine Antwort findet, kann man seine eigene Frage als Thread eröffnen und auf Antworten hoffen.
  • Es gibt bis auf die Ausnahme von Moderatoren, die sich mitunter durch Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Zeit/Geduld und Fachwissen einen längeren Zeitraum hervorgehoben haben, keine offensichtliche Hierarchie
  • Die thematische Konsistenz ist zumindest mittelfristig gegeben.

Diese zunächst spezifischen Communities, die sich um ein Thema auf der Plattform des Forums bilden, um sich miteinander auszutauschen und zu helfen, sind nach meiner Erfahrung eine alte, aber immer noch aktuelle und bewährte Recherchequelle des „alten“ Webs – neben IRC-Chats, die häufig geschlossener und schlechter auffindbar/durchsuchbar sind und nicht archiviert werden. Mailinglisten lasse ich mal ganz außen vor.

In Foren zählen zunächst der höfliche Umgang, das Fachwissen und ähnliche Interessen sowie die Teilnahme und Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Mitgliedern. Das alles klingt sehr hochtrabend und ist natürlich sehr verallgemeinernd, jedoch ist das immer wieder meine Erfahrung, wenn ich bei einer Fragestellung Threads verfolge oder an solchen teilnehme.

Das Forum ist ein Social Network

Die Ode an das Forum will ich an dieser Stelle nur deswegen loswerden, da in den letzten Jahren, insbesondere von der klassischen Medienseite und im Marketingbereich von „Social Media“, „Social Networks“ und „Communities“  gesprochen wird, wenn von Twitter/Facebook/Myspace/LinkedIn usw. usf. die Rede ist.
Dabei spielt einerseits die immer größer werdende Teilnehmeranzahl, die globale Nutzung und Zielgruppe sowie die rasante Entwicklung eine Rolle, andererseits wird  dies, auch wegen der zunehmenden mobilen Nutzung, als die neue Form der Internetkommunikation und Vernetzung proklamiert.

Nach meiner Meinung wird diesbezüglich das Forum – vermutlich wegen des hohen (Internet-)Alters und der allgemeinen Bekanntheit – als einflussreicher und vielleicht sozialster Teil der Social Media verkannt oder ignoriert: Und das trotz wichtiger Eigenschaften, wie dem gleichberechtigten und offenen Austauschs, der Vernetzung und Bildung von Communities, erschöpfenden Informationen und thematischer Vielfalt.

Vielleicht weil es einfacher ist einen „Fan werden“-Link oder Facebook-Account als Marketinginstrument einzusetzen, als beispielsweise ein gut frequentiertes Service-Forum mit einer Community zu etablieren und zu pflegen. Also werden auf neue, schnellere Pferde günstige Wetten abgeschlossen – aber das ist jetzt ein anderes Thema …

Slow Media at its best

Die Geschwindigkeit der Beantwortung von Thread-Fragen ist je nach Teilnehmeranzahl und Wichtigkeit sehr unterschiedlich und kann manchmal auch einige Tage bei komplizierten oder einzigartigen Problemen dauern.

Nichtsdestotrotz spricht das auch für die Inhalte, weil hier eine persönliche Auseinandersetzung und teilweise ein recht hoher Aufwand betrieben wird,  um die Frage zu beantworten. Ist die Frage anscheinend nur aus vermeintlicher Faulheit gestellt worden, wird meistens entsprechend reagiert:  „googlen hilft“ :) .

Stelle ich eine Frage z.B. in die Twitter-Cloud, können sehr schnell Reaktionen wie Links eintrudeln, meine Anfrage und die Reaktionen werden genauso schnell wieder in die Timeline (ohne direkten Kontext) nach unten gespült.

Neben meiner Nutzung von Twitter und Facebook als Status-Update-Kanal und Linkschleuder/-Empfänger, was durchaus alles seine Daseinsberechtigung hat, stellen Foren, als soziale Informations- und Kommunikationsplattform, für mich seit jeher eine Quelle meines persönlichen Nutzens und Wissens im Netz dar.

Foren sind also immer noch cool … Das wollte ich doch mal gesagt haben. Und das hoffentlich noch lange!


Dieser Eintrag wurde am Donnerstag, 25. Februar 2010 um 02:36 von Robin Schmitz erstellt und ist abgelegt unter Berlin, Blog. Mit dem RSS 2.0 Feed kannst du den Antworten zu diesem Artikel folgen. Beides, Kommentare und Pings sind zurzeit geschlossen.

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2 Antworten zu “Social Media als Old-School-Variante”

  1. Philipp sagt:

    In der Tat auffallend, wie oft Foren 1. in Suchergebnissen auftauchen und 2. die richtigen Antworten parat haben. Gerade in obskureren Fragestellungen sehr hilfreich.

  2. Rebs sagt:

    Foren helfen auch besonders gut bei Fehlermeldungen, einfach erste Zeile eintippen und schon weiß jemand, was die soll…real social media ;)

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